Hydraulikpumpe zerlegen und überholen
Einleitung und Dichtsatz
Der folgende Beitrag basiert auf einem ursprünglichen Forumseintrag und beschreibt das komplette Zerlegen der Hydraulikpumpe sowie das Erneuern der Dichtungen. Bei VAG ist für die Pumpe ein passender Dichtungssatz unter der Ersatzteilnummer 026 198 049 B (026198049B) erhältlich.
Die Pumpe versorgt im Audi 100/200 Typ 44 die Servolenkung und ggf. den Bremskraftverstärker (Hydraulik-BKV). Undichtigkeiten, Druckverlust oder Geräusche können auf verschlissene Dichtungen, Lagerbuchsen oder eine eingelaufene Welle hinweisen.
Hinweis: Arbeiten an der Hydraulikanlage sind sicherheitsrelevant. Wer keine geeignete Werkstatt-Ausrüstung (insbesondere Presse) hat, sollte die Überholung von einem Fachbetrieb durchführen lassen.
Zerlegen der Hydraulikpumpe
Vor dem Zerlegen die Pumpe gründlich außen reinigen, damit kein Schmutz in das Innere gelangt. Industriereiniger und ggf. Druckluft sind hier sinnvoll.
- Pumpe außen gründlich mit Industriereiniger reinigen und vollständig trocknen lassen.
- Blechriemenscheibe (3× M8) entfernen. Oft geht sie von Hand ab, sonst den vorderen Flansch sorgfältig mit der Drahtbürste reinigen, bis sich die Scheibe lösen lässt.
- Sämtliche Verschlussstopfen lösen (zunächst nur anlösen). Meist ist ein großer Schraubendreher in Kombination mit einem Kunststoff- oder Gummihammer nötig.
- Neben jedem Verschlussstopfen mit einem Körner Markierungen (1-8 Punkte) einschlagen, damit die Kolben später wieder ihrem ursprünglichen Sitz zugeordnet werden können.
- Verschlussstopfen nacheinander herausschrauben, Feder und Kolben entnehmen und dabei den alten Dichtring nicht vergessen. Die Kolben nicht mit einer Zange am Rand fassen, sondern von innen über eine Ölbohrung mit gebogenem Draht herausziehen. Alle Teile geordnet auf einem sauberen Karton oder Brett ablegen, um die Reihenfolge nicht zu vertauschen.
- Die beiden M8-Inbusschrauben an der Rückseite der Pumpe lösen und die beiden Gehäusehälften vorsichtig voneinander trennen. Im hinteren Teil sitzt mittig das Überdruckventil, das sich mit einer 7er Innensechskant-Nuss herausschrauben lässt, außerdem ein O-Ring, der für den späteren Größenvergleich aufbewahrt werden muss.
- Aus dem vorderen Teil die sechs kleinen O-Ringe herausnehmen, die die beiden Gehäusehälften gegeneinander abdichten. Auf der Welle sitzen zusätzlich die Lagerhülse und die Lauffläche des Exzenters ebenfalls entnehmen und nicht fallen lassen.
- Vorderen Halter der Pumpe (2× M8) abschrauben, falls er beim Einspannen in den Schraubstock nicht mehr benötigt wird. Viele lassen den Halter zunächst montiert, weil sich die Pumpe daran gut fixieren lässt.
- Riemenscheibenflansch (Dreieckflansch) von der Welle abpressen. Das Gehäuse ist stabil genug, benötigt aber eine Presse: Pumpe mit Dichtfläche auf eine plane, saubere Stahlplatte legen, die in der Mitte eine Bohrung für die Welle besitzt. Darunter ein passendes Rohr legen und die Welle von vorne mit einem Messingdorn aus dem Flansch drücken.
- Auf der Welle sitzt eine Anlaufscheibe, die nicht verloren gehen darf. Jetzt ist der Simmerring zugänglich. Das vordere Lager ist entgegen vieler Annahmen eine Weißmetallbuchse; ob Normteil oder Spezialmaß, ist nicht eindeutig - gegebenenfalls beim Motoreninstandsetzer prüfen lassen.
Nach diesen Schritten liegt die Pumpe in ihren wesentlichen Baugruppen zerlegt vor: Gehäusehälften, Exzenterwelle, Kolben, Überdruckventil, O-Ringe, Simmerring und Lagerbuchsen.
Bauteilübersicht der Hydraulikpumpe
Die originale Legende zum Bild 1:
- 1. Pumpenkörper hinterer Teil
- 2. Pumpenkörper vorderer Teil
- 3. Dichtringe: 1× 36×2 mm, 6× 10,5×2 mm
- 4. Simmerring 16/28-6,5/7 mm
- 5. Überdruckventil (z. B. 443 145 191)
- 6. Exzenterwelle mit Exzenterlager (6a) und Laufring (6b)
- 7. Anlaufscheibe (zwischen Welle und Gehäuse)
- 8. Riemenscheibenflansch (auf Welle aufgepresst)
- 9. Pumpenkolben mit Feder, Federführung, Verschlussschraube und Dichtring 17×2 mm
Zusammenbau der Hydraulikpumpe
Vor dem Zusammenbau alle Teile sorgfältig reinigen und prüfen. Dicht- und Lagerflächen dürfen keine Grate, Macken oder Schmutzreste aufweisen.
1. Sichtkontrolle und Vorbereitung
- Welle auf Laufspuren des Simmerrings prüfen. Leichte, glatte Rillen von wenigen Hundertstel Millimetern sind tolerierbar.
- Sind tiefe Riefen oder raue Kanten vorhanden, sollte eine dünnwandige Hülse als neue Lauffläche angefertigt und aufgeschrumpft/gepresst werden.
- Lagerbuchsen in vorderer und hinterer Gehäusehälfte auf Beschädigungen prüfen. Es handelt sich um Weißmetallbuchsen 16×18×20 mm.
Müssen die Lagerbuchsen ersetzt werden, können sie mit einer Schraube M6, einer Unterlegscheibe (Ø ca. 17,5 mm, nicht größer als 17,9 mm) und Mutter herausgezogen werden. Die Lagersitze dürfen dabei nicht beschädigt werden. Neue Buchsen nicht einschlagen, sondern sauber einpressen.
2. Simmerring und Welle
- Neuen Simmerring (4) in die vordere Gehäusehälfte einsetzen und mit passendem Rohr oder Stecknuss bis zum Anschlag eintreiben.
- Welle (6) gut mit Hydraulikflüssigkeit einölen und von innen, zusammen mit der Anlaufscheibe (7), in das Gehäuse einführen. Nicht verkanten und den Simmerring nicht beschädigen.
3. Riemenscheibenflansch aufpressen
- Wellenende vor dem Aufpressen sorgfältig entfetten, damit der Flansch später nicht auf der Welle rutschen kann.
- Welle von unten mit einer geeigneten Vorrichtung abstützen. Wenn keine eigene Presse vorhanden ist, diese Arbeit von einem Motoreninstandsetzer oder einer Landmaschinenwerkstatt durchführen lassen.
- Flansch (8) mit der abgesetzten Seite vom Gehäuse weg aufpressen, bis seine Oberkante bündig mit der Welle ist.
4. Gehäusehälften und O-Ringe
- Lagerhülse und Laufring (6a/b) gut mit Hydrauliköl benetzen und auf die Welle aufschieben.
- Die sechs kleinen O-Ringe (3) in die entsprechenden Vertiefungen der vorderen Gehäusehälfte einsetzen.
- Überdruckventil (5) in die hintere Gehäusehälfte einschrauben und festziehen, dabei die hintere Lagerhülse nicht beschädigen.
- O-Ring zwischen den Gehäusehälften einlegen, Welle und Lagerhülse leicht einölen und beide Hälften vorsichtig zusammenfügen. Darauf achten, dass keiner der O-Ringe herausgedrückt oder abgeschert wird.
- Gehäusehälften mit den beiden M8-Schrauben verschrauben und mit ca. 30 Nm anziehen.
5. Kolben und Verschlussstopfen
- Kolben (9) nacheinander mit reichlich Hydrauliköl einsetzen und mit Feder, Federführung, neuen Dichtringen und Verschlussstopfen montieren.
- O-Ringe vor dem Einschrauben der Stopfen gut einölen, damit sie beim Anziehen nicht aufreißen.
- Drehmoment für die Verschlussstopfen ist im Original nicht angegeben - mit Gefühl anziehen: -Nach fest kommt ab-.
Nach dem vollständigen Zusammenbau sollte die Pumpe von Hand leichtgängig drehbar sein. Vor dem Wiedereinbau im Fahrzeug empfiehlt sich ein Dichtigkeitstest auf dem Prüfstand oder zumindest eine Sichtkontrolle unter Druck im Fahrzeugbetrieb.
Sicherheitshinweise und Praxis-Tipps
- Hydraulikanlage vor Ausbau der Pumpe drucklos machen.
- Hydraulikflüssigkeit auffangen und gemäß Vorschrift entsorgen.
- Nur sauberes Werkzeug verwenden, keine Späne oder Schmutz in die Pumpe einbringen.
- Bei stark eingelaufenen Wellen oder beschädigten Gehäusen lohnt sich oft der Austausch gegen eine überholte Austauschpumpe.
- Nach dem Einbau: Anlage sorgfältig entlüften und Dichtigkeit im Betrieb prüfen.
Wer unsicher ist oder keinen Zugang zu geeigneter Presstechnik hat, sollte die Instandsetzung einer Fachwerkstatt überlassen. Eine falsch überholte Pumpe kann im Extremfall zu Lenk- und Bremsproblemen führen.
Metadaten & Quellen
Historischer Beitrag aus dem Audi100-online.de-Forum, redaktionell für die Technik-Rubrik aufbereitet. Bildmaterial ursprünglich von Community-Mitgliedern, übernommen im Rahmen der Archivpflege.
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