N75-Update – 2. Taktventil für den 10V Turbomotor
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Was macht das N75-Update?
Das N75-Update ist eine sehr wirkungsvolle Möglichkeit, die werksseitige Ladedruckregelung des 10-Ventil-Turbomotors (MC/1B/MB) zu verbessern. Durch den Einsatz eines zweiten Taktventils wird:
- das Turboloch deutlich verkleinert,
- ein schnelleres Ansprechen der Turbine erreicht und
- eine kurzzeitige Overboost-Funktion ermöglicht.
Im Ergebnis baut der Lader schneller Druck auf und der Motor wirkt spontaner, ohne die werksseitig vorgesehene Notlauffunktion auszuhebeln – sofern die Hinweise in diesem Artikel beachtet werden.
Bestandteile des N75-Updates
Das N75-Update besteht aus drei Baugruppen:
- zweites Ladedruck-Taktventil (2. N75),
- elektrischer Leitungssatz und
- Schlauchpaket mit Schellen und Verbindern.
Funktionsprinzip der Ladedruckregelung
Serienzustand: Steuerung über die Wastegate-Oberkammer
Im Serienzustand wird der Ladedruck beim MC/1B/MB-Motor über einen Druckaufbau in der Wastegate-Oberkammer geregelt. Das werkseitige N75-Taktventil sitzt an der Spritzwand und speist bei Vollast einen getakteten Druck in die Oberkammer ein. Dadurch wird die Federvorspannung im Wastegate künstlich erhöht und der Ladedruck entsprechend angehoben.
N75-Update: Steuerung über die Wastegate-Unterkammer
Das N75-Update ändert diese Regelstrategie auf eine Unterkammer-gesteuerte Taktung – ähnlich wie beim 20V-Turbomotor (3B/AAN/ABY). Ein zusätzliches Taktventil wird in die Leitung zur Wastegate-Unterkammer eingebunden und regelt dort den Druck auf die Feder:
- Im Normalfall (Vollast nicht aktiviert) liegt an der Unterkammer Saugrohrdruck an. Das Wastegate öffnet, sobald die Federvorspannung überwunden wird.
- Wird Vollast aktiviert, verschließt das zusätzliche Taktventil den Zugang zur Unterkammer, bis der gewünschte Ladedruck erreicht ist – auf die Feder wirkt dann vorübergehend kein Steuerdruck.
- Bei Erreichen des Soll-Ladedrucks öffnet das Taktventil wieder taktweise, die Unterkammer wird entlastet und der Ladedruck auf einen Maximalwert begrenzt.
Diese Regelstrategie reagiert deutlich schneller als die Steuerung über Gegendruck in der Oberkammer, gleichzeitig wird die Wastegate-Membran mechanisch entlastet.
Bypass-Funktion und Verzögerung des Wastegate-Öffnens
Ein typisches Problem beider Varianten (Serie und Unterkammer-Steuerung) ist das vorzeitige Öffnen des Wastegates, noch bevor die Federvorspannung voll ausgereizt wird. Das kostet Ansprechverhalten und Wirkungsgrad.
Das N75-Update löst das über einen kontrollierten Bypass zwischen Taktventil und Wastegate-Unterkammer:
- Ein Teil des Steuerdrucks wird bei Teillast abgezweigt und wieder dem Verdichtereingang zugeführt, der Druckaufbau in der Unterkammer verzögert sich leicht.
- Dadurch wird ein zu frühes Öffnen verhindert, ohne den eigentlichen Öffnungsdruck (Federspannung) zu verändern.
- Die werksseitige Notlauffunktion bleibt damit erhalten.
Das rückgeführte Luftvolumen lässt den Lader schneller hochlaufen – das Verhalten ähnelt dem Einsatz eines Pop-Off-Ventils. Diese Umluftfunktion steht im Teillastbereich permanent zur Verfügung, bis der Vollastschalter schließt.
Overboost-Funktion
Bei Vollast wird der Bypass zum Verdichtereingang geschlossen, um Druckabfall zu vermeiden. Gleichzeitig kann das Bypassvolumen über das serienmäßige N75 kurzzeitig auf die Wastegate-Oberkammer geleitet werden:
- Der Ladedruck steigt kurzzeitig über den programmierten Wert hinaus (Overboost), bis die elektronische Regelung wieder auf den Sollwert zurückregelt.
- Mit entsprechend abgestimmter Software (z. B. Buergi EVO III) sind selbst beim MC-Motor kurzzeitig Ladedrücke bis ca. 2,4 bar absolut möglich.
Die Overboost-Funktion lässt sich im N75-Update grundsätzlich auch mit Originalsoftware nutzen, kann bei Bedarf aber deaktiviert werden, wenn der Regelbereich zu schnell überschritten wird.
Achtung – wichtige Hinweise vor dem Einbau
Durch Overboost und gesteigerten Ladedruck steigt die thermische und mechanische Belastung von Motor und Turbolader deutlich. Die folgenden Punkte sind zwingend zu beachten:
- Verwendung einer analogen Ladedruckanzeige (z. B. –1 bis +1,5 bar oder 0–2,5 bar) und einer Motorkontrollleuchte wird dringend empfohlen.
- Bei angeschlossener Wastegate-Oberkammer keine stärkere Feder und keine Unterlegscheiben einsetzen – sonst kann der Ladedruck zu hoch werden und der Notlauf greift nicht mehr zuverlässig.
- Versorgung der Kraftstoffpumpe prüfen (Relais Nr. 10), ggf. zweites Pumpenrelais nachrüsten.
- Einspritzanlage muss technisch in Ordnung sein (Einspritzventile, Tastverhältnis/CO-Einstellung).
-
Keine Zündkerzen mit Wärmewert > 7 verwenden. Häufige Varianten:
- BOSCH W7DTC → ggf. Umstieg auf W6DTC,
- BERU UX56 zulässig, UX79 nicht verwenden (zu heiß).
- Ladedrücke > 1,3–1,4 bar (Überdruck) bei K24-Turbolader vermeiden (Pumpgrenze / Verdichterkennfeld beachten).
- Je nach Setup kann Super Plus ROZ 98 statt Super ROZ 95 erforderlich sein.
- Die Verwendung eines Pop-Off-Ventils wird dringend empfohlen.
- Beim Aufleuchten der Motorkontrollleuchte: Sofort Last reduzieren!
- Kühlsystem muss in Ordnung sein (Zusatzwasserpumpe, Kühlerlüfter, Thermostat etc. prüfen).
- Der Kabelsatz ist für das originale MC-N75 sowie das Ventil mit VAG-ET-Nr. 078 906 283A ausgelegt.
Verschlauchungs- & Anschlussplan
Einbaulage im Motorraum – Übersicht
Hinweis: Die Abbildung zeigt lediglich die ungefähre Position und Lage der Komponenten. Für die Details ist die nachfolgende Einbauanleitung maßgeblich.
Einbauanleitung – N75-Paket
Wichtiger Sicherheitshinweis: Vor der Montage Fahrzeug ausreichend abkühlen lassen, um Verbrennungen an heißen Motorkomponenten zu vermeiden. Während der Arbeiten muss die Zündung ausgeschaltet sein.
Benötigtes Werkzeug
- Schraubendreher mit kleiner Flachklinge (z. B. Phasenprüfer),
- Kreuzschraubendreher (z. B. Bordwerkzeug),
- ggf. 6- oder 7-mm-Steck-/Sechskantschlüssel für Schlauchschellen,
- Seitenschneider zum Entfernen geklemmter Schlauchschellen am N75,
- Silikon- oder Gleitspray zum leichteren Aufschieben der Schläuche.
Arbeitsschritte
- Wellschlauch zwischen Ladeluftkühler und Drosselklappe ausbauen.
- Metallrohr zwischen Lufthutze/Mengenteiler und Kniestück am Turbolader ausbauen (Kniestück verbleibt am Fahrzeug).
- Kleinen Schlauch mit Reduzierstück am Kniestück vorsichtig herausziehen, Kniestück auf Risse prüfen.
- Reduzierstück mit Schlauch auf das Schlauchstück am Y-Adapter des N75-Updates stecken.
-
Y-Stück mit beiden angeschlossenen Schläuchen in den Anschluss am Kniestück stecken:
- kleiner Schlauch zum MC-N75 in Richtung Motor,
- größerer Schlauch zum zweiten N75 in Richtung Mengenteiler.
- Schlauch zum zweiten N75 parallel zum Metallrohr zwischen Lufthutze und Luftfiltergehäuse nach hinten führen.
-
Zweites Taktventil (Update-N75) mit Kabelbinder am Kabelstrang/Radhaus befestigen:
- Anschluss zum Verdichtereingang nach vorne,
- Anschluss zur Wastegate-Unterkammer Richtung Motor,
- Anschluss Saugrohr Richtung Spritzwand.
- Schlauch vom Ansaugrohr zur Wastegate-Unterkammer ausbauen und entfernen.
-
Gewinkeltes Schlauchstück mit Bypassleitung und 90°-Winkel an den Schlauchstutzen der Wastegate-Unterkammer
anschließen.
Hinweis: Schlauchstutzen am Wastegate ggf. leicht lösen (SW 19) und zur Montage ausrichten. In korrekter Lage verläuft der Schlauch zur Unterkammer in etwa parallel zum Leerlaufregelventil/ Entlüftungsschlauch. - Verbleibendes Schlauchstück am zweiten N75 mit dem Anschluss zum Saugrohr verbinden. Auf Freigängigkeit an Spurstange und Aufbau achten.
- Bypassleitung (kleiner Schlauch) am Abgang N75/Wastegate-Unterkammer nach hinten Richtung Spritzwand führen und hinter dem Halter des Waschwasserbehälters verlegen, ggf. mit Kabelbindern sichern.
-
Kleinen Schlauch am oberen äußeren Anschluss des MC-N75 anschließen. Den vorher verwendeten Schlauch am
gleichen Anschluss mit M5-Schraube oder Stopfen verschließen.
Hinweis: Diese freigewordene Leitung kann alternativ zur Ansteuerung eines Pop-Off-Ventils genutzt werden. -
Verschlauchung am MC-N75 anpassen:
- Unteren Anschluss des Taktventils wahlweise zur Wastegate-Oberkammer legen (Overboost möglich!) oder stilllegen, wenn Overboost nicht gewünscht bzw. Seriensoftware verwendet wird.
- Leitung zum Turboeingang am oberen mittleren Anschluss des MC-N75 anschließen (Anschlussschema beachten).
-
Elektrische Verbindung herstellen:
- Stecker am MC-N75 abziehen,
- Leitungen des Update-Kabelsatzes mit den beiden Einzelkontakten verbinden (Farbe auf Farbe – sonst Kurzschlussgefahr / Steuergerät-Schaden),
- Rundkontaktstecker des Update-Kabelsatzes wieder in das MC-N75 stecken.
- Kabelsatz vom zweiten N75 bis in den Bereich der Zündspule entlang der Spritzwand verlegen und sauber befestigen.
- Wellschlauch und Metallrohr wieder einbauen, alle Schlauchschellen auf festen Sitz prüfen.
-
Probefahrt durchführen und Maximal-Ladedruck protokollieren:
- Im 4. und 5. Gang sollte der Überdruck nicht über ca. 1,3 bar hinausgehen.
- Bereits ab dem 3. Gang sollten Ladedrücke von etwa 1,1–1,3 bar bei mittleren Drehzahlen erreicht werden.
Bei Auffälligkeiten im Ladedruckaufbau oder Verbesserungsvorschlägen zum Setup sind Rückmeldungen aus der Praxis hilfreich. Möge der Luftdruck mit euch sein. ;-)
Diskussionen im Forum zum N75-Update
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